Auszählverfahren nach d`Hondt macht Wahlgewinner zu Verlierern erst nach der Kommunalwahl am 12.9.

Kommentar Harm Paul Schorpp

Das im Landtag von SPD und CDU am 13.10. beschlossene neue Kommunalverfassungsgesetz hat u.a. das Auszählverfahren für die Ausschusszusammensetzung durch eine Rückkehr zum d`Hondt-Verfahren nicht nur geändert,  das prozentuale Wahlergebnis der einzelnen Parteien und Fraktionen in den Kreistagen und Räten Niedersachsens wird dadurch nachträglich verfälscht. Das Höchtzahlverfahren (anders als das Verfahren nach Hare-Niemeyer) führt dazu, dass sich darin nicht mehr das tatsächliche prozentuale Wahlergebnis widerspiegelt. Kleine Parteien und Fraktionen werden benachteiligt, die Großen profitieren.

Am Beispiel Jorks lässt sich dies aufzeigen, obwohl es sich hier noch nicht einmal so extrem auswirkt wie beispielsweise im Kreistag (FDP hat ihre Mandate zwar von zwei auf vier verdoppelt,  aber im Kreisausschuss kein Stimmrecht).  Es kann nicht sein, dass, wie z.B. in Jork theoretisch möglich,  durch Los darüber entschieden wird, ob die beiden großen Parteien (CDU und BVJ) über evtl. sogar das Vierfache an Stimmen in den Ausschüssen verfügen, obwohl wir mit ca. 14% (so wie die FDP auch) etwas mehr als die Hälfte der Stimmanteile der beiden großen Parteien CDU und  BVJ mit jeweils etwa 27% der Stimmen haben.

Demokratische Grundregeln gelten für alle, dazu sollten sich auch alle Parteien eindeutig und klar bekennen; alles andere schadet der Demokratie!

Die Beteiligung der gewählten Vertreter/innen in den Ausschüssen der Kommunen muss gewährleistet sein, dies muss dem Wahlergebnis in Form der Prozentanteile entsprechen und dies die Ausschusszusammensetzungen auch so widerspiegeln. Nach Hare-Niemeyer ist das so, auch da gibt es im Einzelfall sicher mal ein Los, aber das entspricht dann eben immer eher dem Wahlergebnis, weil das Los meistens die betrifft, die prozentual sehr nahe beieinander liegen.

Noch ein paar Sätze zur Argumentation von CDU und SPD, dieses Verfahren am 13.10. erst nach der Kommunalwahl (vom 12. September) zu beschließen, was schon vom Vorgehen her problematisch ist.

Zitat in der Neuen Buxtehuder (Seite 7) von Herrn Seefried (dem neuen Landrat ab 1.11.2021) noch als Landtagsmitglied der CDU: „Wir wollen arbeitsfähige Strukturen in den Ausschüssen auf kommunaler Ebene gewährleisten.“ und weiter in der NB (nicht wörtlich von Herr Seefried zitiert): „In den Räten seien immer  häufiger Kleinstparteien mit ein oder zwei Sitzen vertreten. Hätten diese noch Stimmrecht, wäre es erheblich schwerer zu klaren Abstimmungsverhältnissen zu kommen. Wer als Partei in einem Ausschuss mit abstimmen will, sollte eine bestimmte Mindestgröße haben. Eine solche Hürde schaffe stabilere Mehrheitsverhältnisse.“

Was verbirgt sich dahinter für ein Demokratieverständnis: Wir verlieren zwar als große Volkspartei (SPD dabei durchaus eingeschlossen) seit Jahren an Wähler/innenzustimmung, ist doch aber egal, irgendwie muss es doch hinzukriegen sein,  die früheren absoluten Mehrheiten in den Ausschüssen zumindest ein bisschen zu erhalten, damit wir weiterhin sagen können, wo es lang geht in den Kommunen.  Macht alles schön einfach, weniger Diskussion, möglichst direktes schnelles Entscheiden! Dass das nichts mehr mit den Wähler/innen-Entscheidungen zu tun hat, ist uns doch egal, Hauptsache wir müssen uns nicht mehr mit den vielen kleinen Parteien und Gruppen rumschlagen.

Wie heißt es noch so schön in den vielen Parteiprogrammen: Gerade CDU und SPD sprechen doch immer von mehr Bürger/innen-Nähe und Transparenz, sogar von mehr Beteiligung bei Entscheidungen ist manchmal die Rede. Jetzt können sich alle Wähler/innen ein genaues Bild davon machen, woran die beiden wirklich interessiert sind, jedenfalls nicht an dem, was Wähler/innen eigentlich gewählt haben, die sich auch kleinere Gruppierungen und Parteien wünschen, um eben mehr Vielfalt und Interessenvertretung im kommunalen Bereich zu erreichen!

Harm Paul Schorpp

 

 

 

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