GroKo verpasst mit diesem Lobbyregister-Gesetz Chance für saubere Politik

Daniel_Freund_GRÜNER Abgeordneter im Europaparlament

Schlechtes Lobbyregister, keine unabhängige Kontrolle: GroKo verpasst Chance für saubere Politik

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Der Bundestag hat das Lobbyregister-Gesetz beschlossen. CDU/CSU und SPD haben sich außerdem auf eine Reform der Verhaltensregeln und Offenlegungspflichten geeinigt. Diese Reaktionen auf Maskenaffäre und andere Skandale sind wichtige erste Schritte, bleiben aber hinter Expertenempfehlungen und internationalen Standards zurück. Damit verpasst die GroKo die Gelegenheit, dass Deutschland den jahrelangen Rückstand beim Thema saubere Politik endlich aufholt.

Lobbytreffen bleiben geheim: Trotz aller Skandale verweigert die Union weiter die Offenlegung, ob z.B. Industrielobbyisten und Verbraucherschützer konkrete Entscheidungen und Gesetze beeinflusst haben. Klare Transparenz darüber, wann wer, wen, zu welchem Gesetzesvorhaben trifft, gibt es damit weiter nicht. Es ist traurig dass die SPD der skandalerschütterten CDU/CSU ein so durchlöchertes Lobbyregister durchgehen lässt, das selbst Wirtschaftsverbänden wie dem VCI nicht ausreicht.

Lobbyregister gilt für viele NICHT: Verbände, Gewerkschaften und Kirchen bleiben vom Lobbyregister ausgenommen, obwohl alle auf EU-Ebene seit Jahren ihre Finanzen und Arbeit im EU Lobbyregister offenlegen.

Es fehlt unabhängige Kontrolle: Die Änderungen der Verhaltensregeln und Offenlegungspflichten drohen wirkungslos zu bleiben, wenn sie nicht unabhängig kontrolliert werden. Der CDU-Bundestagabgeordnete Mark Hauptmann unterzeichnete die Ehrenerklärung, keine Provision bei Maskendeals erhalten zu haben. Nur Tage später beginnen Ermittlungen gegen ihn wegen einer mutmaßlichen Provision von fast einer Million Euro. Der Mangel an unabhängiger Kontrolle ist der größte Schwachpunkt des GroKo-Kompromisses.

Fehlende Kontrolle wenn Spitzenpolitiker*innen zu Millionären werden: Wenn unabhängige Kontrolleure auch die Vermögensentwicklung von Spitzenpolitikern einsehen, können Interessenkonflikte besser erkannt und verhindert werden. Abgeordnete und Minister müssen zum Beispiel in Frankreich ihr Vermögen gegenüber einer unabhängigen Autorität für Transparenz angeben. Provisionen aus Maskendeals oder brisante Beratungshonorare in Millionenhöhe wie im Fall Gauweiler fallen unabhängigen Kontrolleuren schnell auf, mögliche Interessenkonflikte können geklärt werden. Die Experten des Europarates (GRECO) empfehlen solche Vermögenserklärungen gegenüber unabhängigen Kontrolleuren seit Jahren. Frankreich und Kanada führten solche Regeln nach Skandalen ein. Auch EU-Kommissare müssen bereits Vermögen angeben, wo es Interessenkonflikte mit sich bringen könnte.

Viel zu schwer Bestechlichkeit zu beweisen:  Dass Abgeordnetenbestechlichkeit strikter geregelt werden soll klingt gut. Statt symbolischer Strafverschärfungen müssen aber vor allem die Beweishürden so gesenkt werden, dass Geld gegen politische Entscheidung nicht erst bestraft wird, wenn es auf der Quittung steht.

Der Fall Gauweiler: Übers Wochenende wurde bekannt wie der Milliardär August von Finck dem Bundestagsabgeordneten Gauweiler in 8 Jahren 11 Millionen Euro “für Beratung” zahlte während Gauweiler innerhalb der Unionsfraktion und vor dem Verfassungsgericht ganz im Sinne des Europa-kritischen adeligen Milliardärs agierte. Trotz der riesigen Summen musste Gauweiler nach bisherigen Regeln weder die Höhe noch die Herkunft der Gelder angeben. Gauweiler verweist darauf, als Anwalt nichts über seine Mandanten angeben zu dürfen.

LINKS zu mehr Infos:

Analyse von LobbyControl zum beschlossenen Register: https://www.lobbycontrol.de/2021/03/das-lobbyregister-kommt/

Analyse von LobbyControl zur GroKo-Einigung über Verhaltensregeln und Offenlegungspflichten: https://twitter.com/lobbycontrol/status/1375424521633738753

Vergleich Ethik-Regeln in der EU und Deutschland: https://danielfreund.eu/vergleich-ethik-regeln-in-eu-deutschland/

Interessenserklärung von Ursula von der Leyen: https://ec.europa.eu/commission/commissioners/sites/comm-cwt2019/files/commissioner_declarations/declaration-of-interests-president-von-der-leyen_en.pdf

Interessenserklärung von Kommissar Breton: https://ec.europa.eu/commission/commissioners/sites/comm-cwt2019/files/commissioner_declarations/declaration-of-interests-breton_fr.pdf

Daniel Freund – Mitglied des Europäischen Parlaments
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